Einschulung von Frühchen: ein sehr individuelles und emotionales Thema für uns Frühchen-Familien. Nun werden viele von uns wieder mit der Frühgeburt konfrontiert, manchmal sogar auch, obwohl das jahrelang kein Thema mehr war. Die Situation macht (erneut) bewusst, dass das eigene Kind „anders“ ist als „die Norm“. Die Frage kommt auf, ob der ganze Schulweg holprig werden wird oder ob nur der Schulstart noch warten sollte? Werden in der Schule Lehrkräfte sein, die sich mit eventuell auftretenden und typischen Schwierigkeiten bei Frühchen in der Schule auskennen? Werden sie die Sorgen der Eltern berücksichtigen können? Ist dafür überhaupt Zeit im Schulalltag? Was macht das alles mit Dir, liebe Frühchen-Mama?
Die Bundesländer gehen unterschiedlich vor und haben verschiedene Stichtage. Jedes Frühchen ist anders: Manche Frühchen können ganz normal eingeschult werden, andere benötigen einfach noch etwas länger Zeit, manche meistern die Schule prima, manche brauchen spezielle Förderung (mehr oder weniger stark ausgeprägt) und einige brauchen auch externe Begleitung in die Schule. Jedes Kind ist da individuell.
Bei uns in Hessen ist es so, dass bei der Schuleingangsuntersuchung eine Einschätzung anhand verschiedener Aufgaben und Untersuchungen vorgenommen wird. Wie aussagekräftig ist diese Untersuchung? Tagesformabhängig? Welchen Einfluss hat die fremde Umgebung und fremde Person bei dieser Untersuchung auf das Kind? Die Kita gibt ebenfalls eine Einschätzung an die Schule weiter. Bei Einschätzung auf evtl. nicht schulfähig folgt noch ein Beobachtungstag in der Schule. Anschließend findet ein Gespräch zwischen Schule und Eltern statt zum finalen Ergebnis. Nun ist es aber nicht immer einfach, dieses finale Ergebnis zu finden:
Rückstellung in Hessen bedeutet, je nach Schwierigkeiten des Kindes, eventuell Vorklasse. Es gibt gute Vorklassen, die auf die Probleme des Kindes eingehen, aber es gibt auch Vorklassen, die überwiegend Kinder mit Sprachproblemen auffangen müssen. Hier wäre dann wohl nicht der richtige Platz für ein Kind, welches z.B. Motorik- oder Konzentrationsprobleme hat.
Ein Jahr länger Kita ist ebenfalls schwierig: es stehen bereits Kinder auf der Warteliste für die Kita-Plätze und wie sieht es in der Kita mit individueller Förderung des Kindes aus? Würde das Kind dort das bekommen, was es zur Schulfähigkeit noch braucht? Kann das Kind noch ein Jahr weiterspielen in der Kita und mit zusätzlich externer Förderung die gewünschte Schulfähigkeit erlangen?
Ist Förderschule vielleicht der richtige Weg? Wo ist denn nun der richtige Platz bei Rückstellung? Und sehe ich als Mama oder Papa auch ein, dass Rückstellung besser ist oder übersehe ich hier eventuelle Schwierigkeiten des Kindes? Was würde passieren, wenn das Kind trotz einiger Bedenken eingeschult wird und dann vielleicht die erste Klasse wiederholen muss? Was macht diese Erfahrung mit dem Kind?
Schwierig ist es, wenn die Schule zur Einschulung tendiert, aber die Eltern eigentlich eine Rückstellung sehen. Die Rückstellung ist dann eventuell schwer zu erreichen. Gibt es weitere Personen, die mit dem Kind arbeiten (z.B. Ergotherapeuten, Frühförderstelle, Logopädie, Physiotherapie usw.), die ebenfalls zu einer Rückstellung tendieren? Wie schätzt der Kinderarzt das Kind ein? Woran liegt es, dass die Eltern das Kind rückstellen lassen wollen, aber die Schule das anders sieht? Welche Einschätzung macht die Kita?
Den richtigen Platz zu finden und die richtige Entscheidung für ein Frühchen zu treffen ist gar nicht so einfach. Auch für mich war das Thema Einschulung unseres Frühchens, welches wenige Monate vor Stichtag geboren wurde, sehr aufwühlend, sehr emotional und ich habe viele Gespräche geführt, um den richtigen Weg für mein Kind zu finden.
Ideen zum Vorgehen: immer das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, Meinungen anhören und diese aber auch hinterfragen, selbst reflektieren, ob man vielleicht doch Schwächen des Kindes übersehen hat oder Schwächen sieht, die gar nicht da sind. Kann ich vielleicht (noch) nicht loslassen als Elternteil? Möglichst alle ins Boot holen, die mit dem Kind arbeiten und deren Meinung dazu mir wichtig ist. Wenn es um das Thema Vorklasse geht (in Hessen), diese und die Lehrkräfte dort genau anschauen. Das Gespräch auch dort suchen, Bedenken offen mitteilen. Eventuell auch andere Vorklassen in anderen Orten besichtigen, sofern der Fahrtweg machbar ist und das Kind aufgenommen werden kann.
Auch eine andere Kita, z.B. Waldkita, war für manche Eltern schon der richtige Weg, wenn die bisherige Kita das Kind nicht behalten wollte oder konnte. Oder eine Privatschule, sofern das bezahlbar ist für Euch als Familie. In einer Schule mit besonderem Konzept dürfen Kinder oft sein, wie sie sind, sie werden nicht in eine Form gepresst, in die sie nicht zu passen scheinen. Aber finde ich als Elternteil eine solche alternative Schule denn auch gut für mein Kind? Passt es dort hin? Ist es damit gut für die Zukunft gewappnet? Was braucht mein Kind eigentlich? Welche Werte möchte ich meinem Kind mitgeben?
Ein guter Ratgeber ist immer die eigene Intuition. Und nicht drängen lassen mit der Entscheidung, alles in Ruhe abwägen und besprechen, Bedenken immer äußern. Selbst wenn ihr denkt, dass ihr alle Beteiligten damit nervt... Wo ist der richtige Platz, ganz individuell, für Dein Frühchen?
Wie erlebst Du das Thema Einschulung? Wie ist es in Deinem Bundesland? Welche Sorgen oder Fragen beschäftigen Dich?
Gerne bin ich für Eure Fragen rund um Einschulung und Rückstellung da (oder gebe gerne entsprechende Anlaufstellen weiter). Alles Liebe und Gute für Euren weiteren Weg und eine gute Entscheidungsfindung zum Thema Einschulung.
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